Positionen der Farbfotografie - Der Bildraum

7.6.-22.7.1998

 

Die Ausstellung geht der Frage nach, inwieweit Räume in der zeitgenössischen Fotokunst ihren wie immer gearteten Niederschlag finden und wie die Bildproduzenten heute mit Räumen umgehen und wie sie diese gestalten.

Warum gerade jetzt Farbfotografie als Thema?

1. Hat die Präsentation von Fotokunst in Treptow eine starke und gute Tradition, die noch aus den Anfängen der Galerie im ehemaligen Kreiskulturhaus über die Galerie Treptow bis zum studio bildende kunst reicht. Diese Tradition soll in den neuen Ausstellungsräumen des Kulturamtes Treptow fortgesetzt werden.

2. Ist unverkennbar, daß die technischen Entwicklungen in den letzten Jahren nicht nur in der gewerblichen Fotografie sondern auch in der künstlerischen Fotografie zu neuen Bildern geführt hat. Die Möglichkeiten, große Formate herstellen und kaschieren lassen zu können, haben die Künstler animiert, hier ihre Ausdrucksform zu suchen.

Mit dem „Bildraum" ist die bildnerische Gestaltung von Dreidimensionalität auf der zweidimensionalen Fläche gemeint. Nachdem mit der Etablierung der Perspektive während der Renaissance formal, wie Ideologisch ein weitreichendes Darstellungsschema fundiert worden ist, das die Seh- und Denkweisen bis heute bestimmt, erleben wir seit dem Beginn unseres Jahrhunderts die Dekonstruktion der Perspektive: im Alltag wie in der bildenden Kunst. Für den Bereich fotografischer Bilder, für die aus technischen Gründen das Perspektivische inhärent ist (schließlich ist die Entwicklung der Perspektive mit den Gesetzmäßigkeiten der Optik auf das engste verknüpft), ist die Auflösung und Eliminierung des Raumes gegenwärtig immer häufiger anzutreffen.

In dieser Ausstellung zeigen das die Flammenbilder von Kain Karawahn, die bei Feuerperformances entstanden und ohne Perspektive auskommen. Bei den im Prenzlauer Berg in verschiedenen Häusern von Ulrich Wüst aufgenommenen Detailansichten von Mosaiken und Bemalungen erledigt sich die Perspektive schon durch die zweidimensionalen Vorlagen. Bei Bernd Borchardt lösen die Defokussierungen und Naheinstellung das Perspektivische und damit die Dreidimensionalität auf. In den Bildern von Maria Sewcz bleibt die Perspektive zwar erhalten, die Räume verrätseln aber, da sie ihre Kamera in ungewohnte Blickrichtungen hält. Nähe und Ferne verlieren an Schärfe, und die Farben als lokale Erscheinungen gewinnen mehr Gewicht. Max Baumanns Landschaften lösen beim Betrachter Zweifel an seinem Standpunkt aus. Denn durch die Verschiebung des Objektives aus dem Bildzentrum entsteht eine dezentrierte Perspektive. Werner Mahler hat bei seinen Natur- und Landschaftsaufnahmen zusätzlich zum spärlichen Tageslicht einzelne Gegenstände wie zum Beispiel Bäume mit Scheinwerfern oder dem Blitzlicht ausgeleuchtet. Bertram Kober und Martin Zeller gestalten mit praktischen Farbverschiebungen, die bei Kunstlicht entstehen, ungewohnte Strukturierungen der von ihnen abgebildeten Räume. In ihrer farblichen Wirkung Wärme und Kälte suggerierend entstehen Spannungen im Bild, die den platten Naturalismus der fotografischen Perspektive verdrängen. Die Bilder von Matthias Hoch, aufgenommen in Innenräumen, zeigen noch einen Fluchtpunkt, auf den sich das Betrachterauge einstellen kann. Die großen Bildformate wie die bewußten Farbakzentuierungen machen bei ihm den Reiz aus.

Mit dieser Auswahl von Künstlerinnen und Künstlern werden von Longest F. Stein (Ausstellungsregie) die unterschiedlichsten Raumbearbeitungen aktueller Fotokunst veranschaulicht und die Bandbreite von vollkommener Auflösung des Raumes bis zur perspektivisch exakten Übertragung abgesteckt. Zugleich werden mit den Bildern gedankliche Räume geöffnet, also Räume, die nicht von Wänden und Blickrichtungen sondern von den intellektuellen Fähigkeiten wie Beschränktheiten geformt und begrenzt werden. Damit ergeben sich neue Perspektiven, die von jedem Betrachter auf die ihm eigene Weise aufgeschlossen werden können.

 

zu Katalog - und Bildern
- enthält auch den 2. Teil der Ausstellungsreihe

 

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